der eine oder andere weiß, daß ich weitreichende Beziehungen in den japanischen Kulturkreis habe. Daher kommt auch eine gewisse Affinität zu japanischen Modelleisenbahnen. Anfangs bin ich mit der Masse gegangen und habe mir die dort vorwiegend verbreitete Spur N von meinen Reisen ins Land der aufgehenden Sonne mitgebracht. In Kaltenberg war ich 2012 und 2013 mit einer entsprechenden Anlage vertreten. Irgendwo in Ausstellungsbereich gibt es davon sicherlich noch Berichte und Bilder.
Auch die italienische Firma Lima hat in den 70er Jahren versucht, in Japan den Fuß in die Türe zu bekommen, der Erfolg war überschaubar. Aber, Lima gebührt die Ehre, der erste Modellbahnhersteller in Japan gewesen zu sein, der im Fernsehen für Modellbahnen geworben hat. Das bekannteste Modell dürfte der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen gewesen sein, der seinerzeit sicher viele junge Modellbahner in seinen Bann gezogen hat. Aber auch Güterwagen und eine japanisierte V100 waren in Sortiment vertreten, das gegen Ende der 70er Jahre / Anfang 80er langsam eingestellt wurde.
Das aber nur so am Rande, wir beschäftigen uns an dieser Stelle im Folgenden mit den richtigen japanischen Modellen in H0, die leider weitgehend unbekannt sind und ein Schattendasein in der Modellbahnszene fristen. Nun ist die Spur H0 in Japan eher eine Randerscheinung, das liegt am recht limitierten Platz in den japanischen Wohnungen. Auch in Japan war die Entwicklung nach dem Krieg wie bei uns, zunächst noch Spur 0, dann H0, und mittlerweile hat die 9mm Spur den größten Teil des Marktes in Beschlag.
Die japanische Spur H0 hat einige Besonderheiten. Zunächt einmal ist der Maßstab für fast alle Modelle 1/80. Das liegt daran, daß die japanischen Eisenbahnen vorwiegend auf Kapspur (Spurweite 1067mm) unterwegs sind. Durch den größeren Maßstab wirkt das Gleis nicht ganz so breit. Normalspurzüge, wie z.B. der Shinkansen, sind auf 1/87 verkleinert.
Die zweite Besonderheit der älteren H0-Bahnen ist die Kupplung. In Japan hat sich die sog. "Baker Kupplung" etabliert. Das ist eine Fallhakenkupplung, die in der Funktionsweise der Fleischmann-Kupplung ähnelt und mit dieser kompatibel sein dürfte. Sie stammt eigentlich aus USA von einer Fa. Baker. Der Modellbahnguru John Allen hat darauf geschworen und war vermutlich einer der Wenigen, die diese Kupplung längerfristig verwendet haben.
Eine weitere Besonderheit ist, daß zahlreiche Modelle aus Messing gefertigt sind. Die Erfahrung in der Herstellung hochwertiger Eisenbahnminiaturen für ausländische Märkte und die überschaubaren Stückzahlen der japanischen H0-Bahnen dürften diese Fertigung relativiert haben, zumal dieser Markt über geraume Jahre ziemlich finanzstark war.
Mein Wissen über die japanische Modellbahnszene der 60er bis 80er Jahre ist noch sehr am Anfang. Deshalb verzichte ich auf Jahreszahlen und Produktionszeiträume und zeige einfach wild ein paar Bilder.
Den Anfang macht eine Baldwin Tenderlok aus Messing des Herstellers "Miyazawa"
Auf dem letzten Bild ist die Baker-Kupplung gut zu sehen.
Jetzt kommt ein Schienenbus vom Typ KiHa02, den die JNR (Japan National Railways) nach deutschem Vorbild auf die Gleise brachte, der aber die dortigen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Das Messing-Modell ist von Endo (TER = Tokyo Endo Rail). Im Katalog von 1980 war noch eine andere Lackierungsvariante abgebildet.
Von einer Firma Nakamura stammen die folgenden Personenwagen. Die sind aus Kunststoff und waren ursprünglich als Bausatz erhältlich.
Auch der folgende Triebwagen ist von Nakamura. Es fehlt mir hier noch der zweite Wagen. Keine Ahnung, ob ich den noch irgendwo auftreiben kann.
Eine meiner Lieblingsloks ist die EF66, eine Bo'Bo'Bo' E-Lok mit drei Drehgestellen, wie es sie in Japan sehr oft gibt, die aber auch in der Schweiz, in Italien oder auch in Spanien häufig anzutreffen sind. Die Front der Lok entspricht dem japanischen Geschmack der 60er Jahre und sieht für unsere Augen doch etwas gewöhnungsbedürftig aus. Das Modelle ist aus Messing und wurde von KTM (Katsumi Mokeiten) hergestellt.
Für heute Abend mache ich mal Schluß, aber da hat sich in der Vergangenheit noch viel mehr angesammelt.
Ich habe auch einige japanische H0-Züge. Hier ist einer davon, aber ich kann auf Wunsch auch mehr zeigen:
Das stromlinienförmige 2-Schienen-Gleichstrom Modell der japanischen Eisenbahnlokomotive C5520 in der Spurweite H0 wurde von Tenshodo hergestellt. Die Klasse C55 war eine Personenlokomotive, von der zwei (5520 und 5540) stromlinienförmig waren. Wie alle japanischen Dampflokomotiven hatte sie eine Spurweite von 1.067 mm, sodass das Modell einen Maßstab von 1:80 hat.
sehr schönes Modell. Tenshodo ist ein gutes Stichwort. Bei uns ist diese Firma hauptsächlich als Hersteller von hochpreisigen Kleinserien aus Messing bekannt. Eigentlich ist Tenshodo aber ein alteingesessenes Modellbahn- und Hobbygeschäft in der Innenstadt von Tokyo. Auf vier Etagen wurden da in einem sehr schmalen Haus (das waren maximal 6 - 7m) Träume verkauft, ganz oben war eine herrliche Gebrauchtabteilung. Als ich vorletztes Jahr zum ersten Mal nach Corona wieder in Tokyo war und den Laden gesucht habe, war er weg. Samt Haus... Den Laden habe ich dann völlig abgespeckt ein paar Ecken weiter wieder gefunden. Das Flair und die Gebrauchtabteilung waren nicht mehr da. Ich bin vergangene Woche erst wieder aus Japan zurückgekommen, einen Besuch bei Tenshodo habe ich mir diesmal erspart.
Hallo Martin, Die abgebildete Lokomotive habe ich vor über 20 Jahren im Tenshodo-Shop gekauft. Ich war schon mehrmals in Japan. Der Tenshodo-Shop war damals die erste Adresse. Gruss Fred
Jetzt kommen ein paar weitere Modelle aus dem Land der aufgehenden Sonne. Gerade habe ich übrigens die Kompatibilität der Baker-Kupplung mit der alten Fleischmann-Kupplung geprüft. Es gibt einen kleinen Höhenunterschied, der innerhalb der Fleischmann-Toleranz liegen dürfte. Die Kupplungen kuppeln untereinander weich ein.
Von Tenshodo stammt dieser Niederbordwagen. Er sieht auf den ersten Blick recht einfach aus, mit einem Aufbau aus Kunststoff und erhabenen, aber farblich nicht behandelten Aufschriften.
Der Blick auf den Wagenboden offenbart aber eine recht aufwendige Bauweise. Der Rahmen ist aus Blech, auf diesen sind vier Achslagerblenden aus Metallguss mit jeweils zwei Schauben befestigt.
Der folgende Vierachser ist von KTM Katsumi. Ich vermute, daß es sich um einen Güterzuggepäckwagen o.ä. handelt. Der Wagen ist aus Messingblech und hat Gussdrehgestelle. Er wurde vom Vorbesitzer mit den vorbildgerechteren Kadee-Kupplungen versehen.
Dann haben wir hier einen älteren braunen Schnellzugwagen aus der Manufaktur Miyazawa (MSK). Auch dieser Wagen ist aus Messingblech.
Auf der einen Seite trägt er eine typische Ganzzug-Kupplung aus einem gelochten Flachmetall mit Stift. Diese Kupplungen werden in Japan hauptsächlich bei Triebwagen und Personenzug-Garnituren verwendet, die im regulären Betrieb nicht getrennt werden.
Katsumi hat über die Jahre viele schöne E-Loks herausgebracht. Die folgende ist eine EF65 mit drei Drehgestellen. Diese Loks wurden beim Vorbild für alle Zuggattungen verwendet und sind bis heute bei JR Freight im Einsatz. Leider fehlt mir hier der Originalkarton.
In Japan wird der überwiegende Teil des Personenverkehrs mit Triebwagen abgewickelt. Die Reihe KiHa 65 war über ganz Japan verbreitet und konnte mit Zwischenwagen versehen werden, oder mit verschiedenen anderen Triebwagentypen kombiniert werden. Das Modell ist von Endo (TER) und ist aus Messing gefertigt.
Wenn ich jetzt noch die Kiste mit den Güterwagen finde, mache ich weiter .
Die von mir gezeigten Modelle stammen durchweg aus den 60er und 70er Jahren. Oft bekommt man solche Sachen in unterschiedlichen Erhaltungszuständen zu recht günstigen Preisen in den Gebrauchtabteilungen der lokalen Modellbahnläden. Der zweiteilige Dieseltriebwagen aus dem vorigen Beitrag hat mich letzte Woche mit dem aktuell sehr günstigen Wechselkurs des Yen zum Euro gerade mal um die 80€ gekostet. Die Modelle sind alle mit RP25-Radsätzen mit kleinen Spurkränzen versehen, haben keine Schnittstelle und fahren auf dem üblichen internationalen 2L-Gleichstromsystem.
Endo baut nach wie vor Messingmodelle, für die man erstaunlich viel Geld loswerden kann. Aktuelle Großserienmodelle z.B. von Tomix oder Kato sind aus Kunststoff gefertigt. Im H0-Bereich liegen hierfür die Preise etwas über dem hierzulande üblichen Niveau. Deshalb schaue ich gerne bei meinen Besuchen in Japan nach den älteren Stücken und werde eigentlich immer fündig. Spur N gibt es reichlich neu und gebraucht, i.d.R. sehr günstig. In den 90ern hatte ich mich hier auf Spur N verlegt, eben wegen der günstigen Preise und der guten Verfügbarkeit. Mittlerweile habe ich diese Sachen aber fast komplett verkauft und bringe mir lieber das eine oder andere H0-Teil als Souvenir mit.
Zitat von martin67 im Beitrag #6Messingmodelle, für die man erstaunlich viel Geld loswerden kann
Hallo Martin, ich glaube ich hatte das schon mal wo geschrieben. An der Vitrine mit den Tenshodo Messing Handarbeitsmodellen habe ich mir in den frühen 1970rn als 13 jähriger bei Spielwaren Döring in Karlsruhe schon die Nase platt gedrückt. Die wunderschönen Modelle, meist amerikanische Loks, aber auch japanische haben sich mir tief eingebrannt. Raus aus dem Laden bin ich dann vielleicht mit einem Wiking PKW Modell ;-))