Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#1 von haensel , 19.02.2013 12:34

Letztes Wochenende war ich in meinem Nachbarort zu einer Sonderausstellung "100 Jahre Funkenkutsche".
Dabei handelt es sich um die ehemalige Linie der Sächsischen Überlandbahn Gesellschaft von Hohenstein-Ernstthal nach Oelsnitz/Erzgebirge. Eröffnet wurde diese 1913 und 1960 wurde der Betrieb eingestellt. Weitere Details sind auf der Seite des Modellbahnclubs Gersdorf zu sehen.
Der Hersteller Lehnhardt produziert diese Straßenbahnen in Spur Null mit elktr. Antrieb als Blechmodelle in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Strecke.(www.dr-lehnhardt.de)
So nun zum eigentlichem Objekt dieses Beitrages. 1947 hat der Maschinenbauer Max Freitag aus Oelsnitz 10 Modelle dieser Straßenbahn produziert. Diese bestehen aus je einem Triebwagen, zwei Beiwagen und einem Schienenoval mit Oberleitung.
Die Wagen bestehen aus Blech, sind verlötet und handbemalt. Der Antrieb ist von Märklin und wird über die Räder und die Oberleitung mit 24 Volt Wechselspannung versorgt. Die Schienen und die Oberleitungsmasten sind aus Aluminiumguss und wurden in der Gießerei "Dillenberg" in Gersdorf gefertigt. Nach Angaben des Vorführenden sind nur noch zwei dieser Bahnen erhalten geblieben. Vielleicht hat einer von Euch so ein Schätzchen im Regal und kann es jetzt zuordnen.





Die Triebwagen wurden warscheinlich von 1 bis 10 nummeriert


und die Beiwagen von 11 bis 30. Aber belegt ist das nicht!




Die Schienen sind aus einem Stück gegossen und haben je eine verlängerte Schwelle um den Mast aufzunehmen.


Der Mast wiederum wird mit einer Pappzwischenlage elektrisch von den Gleisen getrennt. (Genial einfach-einfach Genial)




Und nun noch das Video dazu.
http://youtu.be/rrZm18cgKeA

Ich konnte leider nicht näher ran und ein anfassen oder gar umdrehen für Fotos war auch nicht möglich. Ich werde aber versuchen über den Leihgeber an weitere Infos und Bilder zu kommen.

Gruß haensel


 
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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#2 von Dr. McKay , 19.02.2013 14:20

Hallo haensel,

eine schöne Bahn hast du da besucht, ist bestimmt bei jeder Blechausstellung ein Magnet. Wäre noch interessant, ob der Märklinantrieb direkt von Märklin geliefert wurde oder ob der ausgebaut wurde. Danek auch für den Hinweis zu Lehnhardt, die Seite kannte ich noch nicht.

VG Thomas


 
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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#3 von Blech , 19.02.2013 14:45

Thomas,
von Märklin direkt geliefert...und das 1947 in die SbZ?
Wie stellst du dir das vor in dieser Zeit?
So etwas gab es nicht in der ersten Nachkriegszeit.
Für diese Strab ist alles vor Ort entstanden -oder aus Vorkriegsbeständen.
Wenn dieser Mann nicht auf ein Ersatzteillager mit Märklin-Motoren zurückgreifen konnte, hat er die Triebwerke im Bekanntenkreis vorher eingesammelt.
Das Einsammeln musst du dir auch schwierig vorstellen. Denn Spielzeug war damals auch ein guter Tauschartikel beim Bauern gegen Speck, Brot oder Eier.
Freundliche Grüße von einem, der diese Zeit erlebt hat.
Botho


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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#4 von Dr. McKay , 19.02.2013 15:23

Hallo Botho,

, du meinst, schnief, das gute Spielzeug zerlegt um Neues draus zu machen, schnief schnief.

Zitat
Wie stellst du dir das vor in dieser Zeit?
So etwas gab es nicht in der ersten Nachkriegszeit.


Hätte ja durchaus sein können, Schmuggler gab es zu jeder Zeit und noch war die Grenze ja nicht dicht. Das Spielzeug ein Tauschartikel für Lebensmittel war ist mir neu und find ich sehr interessant. Da kann ich froh sein, das mein Großvater nicht auf die Idee gekommen ist, sonst könnte ich jetzt nicht mit s(m)einem "Königsschatz" spielen.
Viele Grüße Thomas


 
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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#5 von Blech , 19.02.2013 15:45

Thomas,
Schmuggel über die Zonengrenze gab es reichlich -die war damals ja noch nicht befestigt.
Aber die Schmuggler hätten bei Märklin damals auch nix bekommen.
Was Märklin damals liefern konnte, 1947, ging in den Export oder an die amerikanische Besatzungsmacht über die PX-Läden.
Lese einmal im Märklin-Katalog von 1947 das Vorwort -dann wird dir klar, dass es so etwas nicht geben konnte.
Märklin schreibt in diesem "Katalog", das war eher eine Zukunftsschau, dass vorerst nichts (wenn, dann nur mit Beziehungen) in den deutschen Handel kommen kann, weil man alles gegen Devisen exportieren muss, um Lebensmittel für die darbenden Deutschen im Ausland kaufen zu können.
Es war eine harte Zeit.
Ein Beispiel: Ich bekam eine Uhrwerk-Bing-Spur 0 im Tausch gegen Gummi-Schuhsohlen und Absätze. Die hatte mein Vater aus Gummiplatten der Luftwaffe (in Zusatztanks!) gestanzt. Dafür bekamen wir auch Milch und anderes von den Bauern. Dann hatten wir "Strickwolle" -das war aber Kunstseide in Ballen, ursprünglich gedacht für Autoreifen-Einlagen und Fallschirme. Aber! Wenn die nass wurde im Regen, zog sich das Garn zusammen -das war zwar nicht angenehm bei dem schönen weißen Pulli oder Kniestrümpfen aber ziemlich egal zu dieser Zeit. Man hatte sogar etwas Neues an!
Eine Zigarette kostete damals übrigens 5.- RM auf dem Schwarzmarkt!
Also hat unser guter Mann mit den Straßenbahnen die Fahrwerke bestenfalls von einem Ersatzteildepot in seiner Nähe erwerben können (gegen was? RM eher nicht) oder "geschrottelt" im Bekanntenkreis.


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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#6 von Dr. McKay , 19.02.2013 16:10

Ja, eine harte Zeit war das und ich bin froh, dass ich diese Zeit nicht miterleben musste und vor allem, dass meine Großeltern diese Zeit überlebt haben.

Also haben unsere heutigen Schätze ja schon damals einen hohen Wert gehabt, das erklärt vielleicht auch die jetztigen Preise.

Bei 5.-RM pro Zigarette, das wären heute ca.20€, würde ich das Rauchen heutzutage aufgeben.


 
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RE: Superseltene Straßenbahn in Spur 0

#7 von Blech , 19.02.2013 16:35

Doktor,
so kannst du das nicht rechnen!
Die Reichsmark war durch die Kriegsinflation nahezu wertlos.
Nur für Geld hast du fast nichts bekommen -man musste immer Beziehungen haben oder eben Tauschware.
Wir Kinder hatten Geld in der Tasche -und damit war Schluss, als die Währungsreform kam. Aber dann gings schnell aufwärts.
Allerdings musstest du noch eine ganze Weile Buntmetallschrott (Kupfer oder Messing, Bronze) abliefern, wenn du Märklinteile im Laden gegen jetzt gutes Geld kaufen wolltest.
Messing und Kupfer (=teure Importe) war noch lange rar -und dann kam der Korea-Krieg, da wurde selbst Papier wieder knapp.
Wenn du MIBA-Abonnent gewesen bist, musstest du die größeren Briefumschläge wieder zurückschicken, damit dir der Verlag auch das nächse Heft schicken konnte...
Es ist also nicht so, dass das ganze Leben mit der Währungsreform am 20. Juni 1948 schon wieder wie zur Vorkriegszeit gewesen ist. Nein. Aber es ging ständig bergauf und dann kam das berühmte "Wirtschaftswunder" -erarbeitet von den Frauen und Männern dieser Zeit! Mit US-Hilfe -das sollte man nicht vergessen! Das Gegenbeispiel sah man ja hinter dem dann schon dichten Eisernen Vorhang, in der Sowjetischen Zone, der späteren DDR.
Okay, wir sind hier im Forum für historische Bahnen und deshalb ist nun Schluss mit meiner Vorlesung zur Nachkriegsgeschichte -die findet man auch bei Goggle oder Wikipedia.
Und in vielen Büchern zu Märklin. Und eben im 1947er Katalog.
Schönen Abend wünscht
Botho
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